Karl-Heinz Ladeur: Die vertikale Integration von Film-, Fernseh- und Video-Wirtschaft als Herausforderung der Medienregulierung. Zur Notwendigkeit einer neuen Form der Regulierung von Vielfaltsanforderungen auf der Programmebene
Die Auflösung der Trennungen zwischen den unterschiedlichen Medien (Film, Fernsehen, Video, Datenbanken etc.) läßt neue strategische horizontale und vertikale Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Ebenen und Komponenten des multimedialen "Netzwerks der Netzwerke" zu. Zugleich entstehen aber neue Engpässe und Vermachtungen. Insbesondere das Pay-TV muß sich unter veränderten informations- und kulturökonomischen Bedingungen durchsetzen: Die hohen finanziellen Risiken verlangen nach aggressiven Marketingstrategien, die das neue System zu einem "Fenster" neben anderen (Filmtheater, Video, Free TV) machen, über die in kurzer Zeit Aufmerksamkeit erzeugt werden muß. Darauf muß sich eine an der Erhaltung kultureller Vielfalt orientierte Regulierung einstellen. Die Dominanz der "blockbusters" müßte durch eine Sonderabgabe gebremst und systematisch zur Erzeugung von Vielfalt durch Finanzierung neuer Filme genutzt werden, In dieser netzwerkgerechten Perspektive erhält auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine neue kulturökonomische Begründung.
Hans J. Kleinsteuber / Marcel Rosenbach: Digitales Fernsehen in Europa: Eine Bestandsaufnahme
Im Mittelpunkt des Beitrages steht digitales Fernsehen, wie es seit Anfang der 90er Jahre in Europa geplant und seit 1996 eingeführt wurde. In einem kurzen Überblick wird ein technisch-konzeptioneller Abriß gegeben, mit den Schwerpunktthemen neue Angebots- und Abrechnungsformen. Darauf wird die Entwicklung auf den großen europäischen Märkten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Frankreich beschrieben und auf ihre Besonderheiten hin analysiert. Die Situation der kleineren Staaten ist weniger vorangeschritten und wird nur gestreift. In der vergleichenden Auswertung kommen die Autoren zu sechs in Thesen zusammengefaßten Trends: 1) Das analoge Free-TV-Angebot wird quantitativ und qualitativ an Bedeutung verlieren, 2) digitales Fernsehen wird sich mittelfristig durchsetzen, 3) Konzentration, vertikale und horizontale Verflechtung werden weiter zunehmen, 4) für den gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist die Entwicklung existenzbedrohend, 5) das interaktive Potential digitaler Technik wird nicht ausgeschöpft, Zuschauer erhalten vor allem "more of the same", 6) inkompatible Digital-Systeme tragen zur Segmentierung der europäischen audiovisuellen Märkte bei.
Winfried Schulz / Harald Berens / Reimar Zeh: Das Fernsehen als Instrument und Akteur im Wahlkampf. Analyse der Berichterstattung von ARD, ZDF, RTL und SAT.1 über die Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl 1994
Der Wandel zum dualen System hat die Rolle des Fernsehens im Wahlkampf nur geringfügig verändert. Es deuten sich leichte Kontrollverluste der Parteien über das Fernsehen an, die u.a. in einseitiger Berichterstattung der Privatsender zum Ausdruck kommen. Im großen und ganzen haben sich aber die Privaten an die typisch deutschen Muster der Wahlberichterstattung, wie sie die öffentlich-rechtlichen Sender geprägt haben, angeglichen. Dazu gehört ein ausgeprägter Aufmerksamkeitsbonus für den amtierendenden Bundeskanzler. Typisch ist auch, daß dem Wahlkampf per se kein besonderer Nachrichtenwert beigemessen wird. Um dennoch in den Fernsehnachrichten möglichst oft präsent zu sein, müssen sich die Parteien um Camouflage ihrer wahlrelevanten Botschaften bemühen. Inwieweit das dem Kampagnenmanagement gelungen ist, wird anhand einer Analyse der Berichterstattung über die Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl 1994 - Kohl und Scharping - untersucht. Für den Kanzler erweisen sich andere Strategien erfolgreich als für den Herausforderer. Die Analyse zeigt auch, wie die Fernsehsender als autonome Akteure in den Wahlkampf eingreifen. Innerhalb eines gemeinsamen Grundmusters orientieren sich die verschiedenen Programme an unterschiedlichen Zielen und Kriterien der Nachrichtenselektion.
Patrick Donges / Philipp Steinwärder: Die Entwicklung des Zwei-Säulen-Modells im nordrhein-westfälischen Lokalfunk. Ergebnisse einer Studie über praktische Probleme eines anspruchsvollen Steuerungskonzeptes
Der Beitrag verfolgt die Fragestellungen, ob sich die Konzeption des Zwei-Säulen-Modells grundsätzlich als funktionstauglich erwiesen hat, inwieweit es im Verhältnis der Akteure erkennbare Mängel in der Ausgestaltung und Umsetzung gibt und wo mögliche Ansatzpunkte zur Funktionssicherung oder Funktionsverbesserung des Zwei-Säulen-Modells zu sehen sind. Er basiert auf einer Studie, die die Autoren von August 1995 bis Oktober 1997 im Auftrag der Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen durchgeführt haben. Dabei wird mit einer interdisziplinärem Mischung aus rechtswissenschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Methoden wie einer Analyse der relevanten Dokumente , einer Gesamtbefragung aller relevanten Akteure sowie Fallstudien gearbeitet. Im Ergebnis wird auf eine Vielzahl von Problemfeldern aufmerksam gemacht: Motivationsprobleme und fehlende Programmvorgaben der Veranstaltergemeinschaften, fehlende Transparenz der Servicegesellschaften sowie das Nebeneinander einer Lokal- und Systemperspektive kennzeichnen die Praxis des nordrhein-westfälischen Lokalfunks. Die Autoren empfehlen, diese Probleme durch Institutionalisierung neuer Kooperationsformen zu lösen.