Vortrag von Louise Amoore in der Reihe "Making sense of the digital society" des HIIG in Berlin: Von der Erkennung von Anomalien in medizinischen Bildern über Drohnenaufnahmen bis hin zur Beeinflussung von Wahlen verändern maschinelle Lernalgorithmen radikal, wie wir in unserer Gesellschaft Informationen erfassen. Tiefenneuronale Netzalgorithmen verdichten die Merkmale einer Szene zu einfachen Sätzen wie: „ein Mann wirft eine Frisbee in einem Park“, „eine Frau steht am Grenzzaun mit einer Menge im Hintergrund“ oder „die Demonstranten versammeln sich auf dem Stadtplatz“. Dabei werden interpretative Feinheiten außen vorgelassen. Ist das Hate Speech oder Redefreiheit? Sind die Menschen dabei, zu klauen oder zu kuscheln? Ist das ein Demonstrant oder ein Terrorist?
Um zu lernen, wie man diese Unterscheidungen trifft, brauchen die Algorithmen Interaktionen mit uns und unseren Daten. Das Training und die Anpassung von Algorithmen erfolgt durch die Attribute unseres Lebens und des Lebens anderer. Das ist problematisch, denn die Bedeutung unserer Beziehungen zu anderen Wesen, lässt sich gerade nicht verdichten. Wie beginnen wir, diese Aspekte innerhalb der Sinnproduktion des Algorithmus in der digitalen Gesellschaft zu lokalisieren? Gibt es Gegenmaßnahmen, die sich dem Clustering menschlicher Attribute durch maschinelles Lernen widersetzen? Was bleibt in der digitalen Gesellschaft von dem, was nicht zuordenbar ist, was nicht in eine numerische Darstellung übersetzt werden kann?
Louise Amoore ist Professorin für Geographie an der Durham University, Großbritannien. Sie forscht und lehrt in den Bereichen globale Geopolitik und Sicherheit. Ihr besonderes Interesse gilt der Frage, wie zeitgenössische Formen von Daten, Analysemethoden und Risikomanagement die Techniken der Grenzkontrolle und -sicherheit verändern. Amoore erhielt das Leverhulme Major Research Fellowship (2016-18) für ihre Arbeit über die Ethik von Algorithmen. Ihr jüngstes Buch ist The Politics of Possibility: Risk and Security Beyond Probability (Duke University Press, 2013).
Programm
18:30 Einlass
19:00 – 19:15 Begrüßung und Einführung
19:15 – 20:00 Unser Leben mit Algorithmen, Louise Amoore (Durham University)
20:00 – 21:00 Moderiertes Gespräch und Fragen aus dem Publikum
21:00 – 22:00 Get-together
Die Veranstaltung ist auf Englisch und wird simultan auf Deutsch übersetzt. Um sich als PressevertreterIn akkreditieren zu lassen, richten Sie sich bitte an
Florian Lüdtke.
Die Veranstaltung wird aufgezeichnet und live gestreamt. Mit Ihrer Anmeldung erklären Sie Ihr Einverständnis zur Erstellung von Bild- und Videoaufnahmen Ihrer Person im Rahmen der Veranstaltung sowie zur Verwendung und Veröffentlichung solcher Aufnahmen zum Zweck der öffentlichen Berichterstattung über die Veranstaltung.
Making sense of the digital society
Der derzeit rapide voranschreitende technologische Wandel ruft enorme Ungewissheiten hervor. Umfassende Erklärungen werden notwendig, um die Veränderungen besser verstehen und eine gemeinsame Zukunft gestalten zu können. Das
Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) und die
Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) führen daher auch in diesem Jahr die 2017 ins Leben gerufene Redenreihe Making sense of the digital society fort. Ziel ist es, eine europäische Perspektive auf den gegenwärtigen Transformationsprozess unserer Zeit und dessen gesellschaftliche Auswirkungen zu entwickeln. Die erste Rednerin in diesem Jahr war die Soziologin Eva Illouz, gefolgt von Dirk Baecker und José van Dijck.