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Die Demokratie plattformfest machen

Die Demokratie plattformfest machen

Wie Social Media Councils als Werkzeug zur gesellschaftlichen Rückbindung der privaten Ordnungen digitaler Plattformen fungieren können, beschreiben PD Dr. Matthias C. Kettemann und Martin Fertmann in ihrem Kurzgutachten, publiziert von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Kurzgutachten downloaden (pdf)
 

Wichtigste Erkenntnisse im Überblick  
Politische Teilhabe im digitalen Zeitalter auch im Internet zu realisieren, ist eine wichtige Herausforderung.
 
Zentrale Errungenschaft der demokratischen Revolutionen war es, sich Mitbestimmung an den Regeln zu erkämpfen, die in bestimmten Rechtskreisen gelten, insbesondere hinsichtlich dessen, was gesagt werden darf.
 
Plattformen setzen weitgehend ohne demokratische Kontrolle und nur mit sehr punktueller gerichtlicher Korrektur die Regeln für Kommunikationsräume, die für die Meinungsaggregation und -artikulation entscheidend sind.
 
Unsere Demokratie hat ein Update dergestalt nötig, dass die zunehmend private Verfasstheit der Kommunikationsordnung „demokratisiert“ werden sollte: Die Demokratie muss plattformfest gemacht werden, die Plattformen erhöhten demokratischen Legitimationsansprüchen gerecht werden.
 
Plattformräte bilden ein vielversprechendes Konzept, um bestehende Defizite der unternehmerischen Normensetzung und -durchsetzung zu reduzieren. Bestehende, vergleichbare Institutionen der Medienregulierung wie Presse- oder Rundfunkräte können als Inspirationsquelle dienen, sollten angesichts stark unterschiedlicher Steuerungsbedarfe aber nicht schematisch übertragen werden.
 
Zur optimalen Gestaltung von Plattformräten stehen belastbare Erfahrungswerte noch aus. Nach derzeitigem Kenntnisstand erscheint eine Kombination aus Beschwerdeinstitution ( quasi-judikative) und Beteiligung an der Ausgestaltung der Regeln (Quasilegislative) als optimal. Jedenfalls aber ist eine Beteiligung an der Bewertung und Gestaltung gerade der Maßnahmen entscheidend, die von den jeweiligen Usern unbemerkt die Sichtbarkeit ihrer Inhalte für andere einschränken.
 
Plattformräte können zwar im Einzelfall dazu beitragen, mögliche Verstöße gegen Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Gemeinschaftsstandards zu prüfen, ihr wahrer Mehrwert liegt aber in der systemischen Verbesserung der Governancesysteme von Unternehmen über den Einzelfall hinaus, die durch repräsentative Besetzung wahrscheinlicher gemacht wird.
 
Quasiudikative Plattformräte sind nicht geeignet, um massenhaft Entscheidungen der Unternehmen zu überprüfen. Ihr Potential liegt vielmehr in der Überprüfung weniger „leading cases“ zur Verbesserung allgemeiner Systeme.
 
Das Kernrisiko liegt bei Plattformräten darin, dass sie als Feigenblätter der Unternehmen Missstände kaschieren oder nur punktuell Abhilfe schaffen; dagegen muss zivilgesellschaftliche Kontrolle in Anschlag gebracht werden.
 
Plattformräte sollten berichten, inwieweit die durch sie vermeintlich angestoßenen systemischen Verbesserungen tatsächlich eintreten, und Forscherinnen und Forschern den erforderlichen Datenzugang ermöglichen, um dies zu überprüfen.
 
Trotz verbleibender Defizite kann die (auch minimale) iterative Verbesserung durch stärkere gesellschaftliche Rückbindung privater Unternehmensentscheidungen nur sinnvoll sein. Selbst eine geringfügig verbesserte Aufteilung von Entscheidungsmacht in Plattformen ist in Übertragung von Gewaltenteilungsargumenten nicht aus Prinzip („es ginge auch noch besser“) abzulehnen.
 
Das Facebook Oversight Board stellt ein erstes wichtiges Beispiel für einen Plattformrat dar, das – in Vor- wie Nachteilen – gutes Analysematerial bereithält, zumal schon die ersten Entscheidungen veröffentlicht wurden. Es sollte aber nicht zum Idealbild überhöht werden oder die Diskussion um Plattformräte begrifflich oder konzeptuell monopolisieren.
 
Die derzeitige Entwicklung der Plattformregulierung auf europäischer Ebene enthält zwar neue Vorschläge zur Instrumentalisierung privater Governancesysteme, aber noch keine korrespondierenden, kreativen Versuche zur verstärkten Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern in die Plattformnormensetzung.
 
Es erscheint vielversprechend, unter Orientierung an der umfangreichen Befassung mit Rundfunkräten durch verfassungsgerichtliche Rechtsprechung und Literatur ein Modell für Plattformräte zu entwickeln.
 
Die Debatte um das Potenzial von Plattformräten zum Reimport demokratischer Werte in die privaten Ordnungen öffentlicher Kommunikation hat erst begonnen. Sie stellen sich vorderhand trotz noch bestehenden Unschärfen im Design als gute Möglichkeit dar, die Legitimität dieser Ordnungen zu erhöhen, den Schutz individueller Rechte zu stärken und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern.
 
 
Kettemann, M.C.; Fertmann, M. (2021) Die Demokratie plattformfest machen. Social Media Councils als Werkzeug zur gesellschaftlichen Rückbindung der privaten Ordnungen digitaler Plattformen. Potsdam-Babelsberg: Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Mai 2021

Die Demokratie plattformfest machen

Wie Social Media Councils als Werkzeug zur gesellschaftlichen Rückbindung der privaten Ordnungen digitaler Plattformen fungieren können, beschreiben PD Dr. Matthias C. Kettemann und Martin Fertmann in ihrem Kurzgutachten, publiziert von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Kurzgutachten downloaden (pdf)
 

Wichtigste Erkenntnisse im Überblick  
Politische Teilhabe im digitalen Zeitalter auch im Internet zu realisieren, ist eine wichtige Herausforderung.
 
Zentrale Errungenschaft der demokratischen Revolutionen war es, sich Mitbestimmung an den Regeln zu erkämpfen, die in bestimmten Rechtskreisen gelten, insbesondere hinsichtlich dessen, was gesagt werden darf.
 
Plattformen setzen weitgehend ohne demokratische Kontrolle und nur mit sehr punktueller gerichtlicher Korrektur die Regeln für Kommunikationsräume, die für die Meinungsaggregation und -artikulation entscheidend sind.
 
Unsere Demokratie hat ein Update dergestalt nötig, dass die zunehmend private Verfasstheit der Kommunikationsordnung „demokratisiert“ werden sollte: Die Demokratie muss plattformfest gemacht werden, die Plattformen erhöhten demokratischen Legitimationsansprüchen gerecht werden.
 
Plattformräte bilden ein vielversprechendes Konzept, um bestehende Defizite der unternehmerischen Normensetzung und -durchsetzung zu reduzieren. Bestehende, vergleichbare Institutionen der Medienregulierung wie Presse- oder Rundfunkräte können als Inspirationsquelle dienen, sollten angesichts stark unterschiedlicher Steuerungsbedarfe aber nicht schematisch übertragen werden.
 
Zur optimalen Gestaltung von Plattformräten stehen belastbare Erfahrungswerte noch aus. Nach derzeitigem Kenntnisstand erscheint eine Kombination aus Beschwerdeinstitution ( quasi-judikative) und Beteiligung an der Ausgestaltung der Regeln (Quasilegislative) als optimal. Jedenfalls aber ist eine Beteiligung an der Bewertung und Gestaltung gerade der Maßnahmen entscheidend, die von den jeweiligen Usern unbemerkt die Sichtbarkeit ihrer Inhalte für andere einschränken.
 
Plattformräte können zwar im Einzelfall dazu beitragen, mögliche Verstöße gegen Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Gemeinschaftsstandards zu prüfen, ihr wahrer Mehrwert liegt aber in der systemischen Verbesserung der Governancesysteme von Unternehmen über den Einzelfall hinaus, die durch repräsentative Besetzung wahrscheinlicher gemacht wird.
 
Quasiudikative Plattformräte sind nicht geeignet, um massenhaft Entscheidungen der Unternehmen zu überprüfen. Ihr Potential liegt vielmehr in der Überprüfung weniger „leading cases“ zur Verbesserung allgemeiner Systeme.
 
Das Kernrisiko liegt bei Plattformräten darin, dass sie als Feigenblätter der Unternehmen Missstände kaschieren oder nur punktuell Abhilfe schaffen; dagegen muss zivilgesellschaftliche Kontrolle in Anschlag gebracht werden.
 
Plattformräte sollten berichten, inwieweit die durch sie vermeintlich angestoßenen systemischen Verbesserungen tatsächlich eintreten, und Forscherinnen und Forschern den erforderlichen Datenzugang ermöglichen, um dies zu überprüfen.
 
Trotz verbleibender Defizite kann die (auch minimale) iterative Verbesserung durch stärkere gesellschaftliche Rückbindung privater Unternehmensentscheidungen nur sinnvoll sein. Selbst eine geringfügig verbesserte Aufteilung von Entscheidungsmacht in Plattformen ist in Übertragung von Gewaltenteilungsargumenten nicht aus Prinzip („es ginge auch noch besser“) abzulehnen.
 
Das Facebook Oversight Board stellt ein erstes wichtiges Beispiel für einen Plattformrat dar, das – in Vor- wie Nachteilen – gutes Analysematerial bereithält, zumal schon die ersten Entscheidungen veröffentlicht wurden. Es sollte aber nicht zum Idealbild überhöht werden oder die Diskussion um Plattformräte begrifflich oder konzeptuell monopolisieren.
 
Die derzeitige Entwicklung der Plattformregulierung auf europäischer Ebene enthält zwar neue Vorschläge zur Instrumentalisierung privater Governancesysteme, aber noch keine korrespondierenden, kreativen Versuche zur verstärkten Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern in die Plattformnormensetzung.
 
Es erscheint vielversprechend, unter Orientierung an der umfangreichen Befassung mit Rundfunkräten durch verfassungsgerichtliche Rechtsprechung und Literatur ein Modell für Plattformräte zu entwickeln.
 
Die Debatte um das Potenzial von Plattformräten zum Reimport demokratischer Werte in die privaten Ordnungen öffentlicher Kommunikation hat erst begonnen. Sie stellen sich vorderhand trotz noch bestehenden Unschärfen im Design als gute Möglichkeit dar, die Legitimität dieser Ordnungen zu erhöhen, den Schutz individueller Rechte zu stärken und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern.
 
 
Kettemann, M.C.; Fertmann, M. (2021) Die Demokratie plattformfest machen. Social Media Councils als Werkzeug zur gesellschaftlichen Rückbindung der privaten Ordnungen digitaler Plattformen. Potsdam-Babelsberg: Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Mai 2021

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