Regulierung, die primär auf lineare Medien gerichtet ist (wie traditionell-zeitgebundene Rundfunk Dienstleistungen) hat nicht in angemessener Weise mit dem Wachstum der nicht-linearen Medien (z.B. On-Demand Dienste beim Fernsehen oder andere Geräte) mithalten können. Dieser Trend zu nicht-linearen Medien stellt eine signifikante Herausforderung für Regulierungsbehörden dar. Technologische Entwicklung erfordert flexible und kohärente Regeln. Diese Trends verlangen ein Überdenken der Regelungsstrukturen. Dieses Gutachten empfiehlt die Verwendung von Opt-In-Regulierung, die vorteilhafte Bedingungen für die Regelung von Inhalten von „öffentlichem Interesse“ bietet. Dieser Ansatz wird sicherstellen, dass gemeinsame europäische Ziele und Werte aufrechterhalten bleiben und nationale kulturelle Besonderheiten in einem stabilen und nachhaltigen Regulierungsrahmen respektiert werden. Was sind die Ziele der Medienregulierung? Der europäische Medienregulierungsrahmen erstrebt es, gewisse Werte zu beschützen und bestimmte Ziele zu fördern, die grundsätzlich innerhalb der 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union anerkannt sind. Diese Werte beinhalten den Zugang zu ausgeglichenen Nachrichten und Informationen, welche frei von der Kontrolle durch den Staat sind, Vielfalt und Integration, Jugendschutz und Respektierung der Menschenwürde, Verbraucher- und Datenschutz, die Förderung von Medienkompetenz und die Förderung von europäischen Inhalten. Wie verändert sich die Verwendung und die Bereitstellung von Medien? Die wichtigste Veränderung in der
Mediennutzung ist der Anstieg der nicht-linearen Medien. Regulierung muss sich mit diesem Phänomen befassen und gleichzeitig erkennen, dass für eine große Anzahl der Konsumenten, lineare Medien wichtig bleiben und die primäre Quelle für Informationen und Unterhaltung darstellen. Eine weitere grundlegende Veränderung ist die Verwendung des „
second screen“ – Inhalte werden gleichzeitig auf mehr als einem Gerät aufgerufen (wie etwa auf dem Fernseher und dem Tablet oder Smartphone). Zusätzlich gibt es Veränderungen in der „Werte-Kette“, mit einer zunehmenden Anzahl an Möglichkeiten für neue Akteure, den Mediendienstleistungsmarkt zu betreten. Der Regulierungsrahmen muss sicherstellen, dass sie mit den Interessen der anderen Akteure, einschließlich Inhalte-Anbieter und Konsumenten, in Einklang stehen und diese respektieren. Was ist der momentane Regulierungsrahmen? Es gibt drei zentrale Bestandteile des EU-Rechts, die Mediendienstleistungen regeln.
- Die Audiovisuelle Mediendienstleistungs Richtlinie (AVMDR) bietet grundsätzliche Regulierung für die Verbreitung von Medieninhalten in der EU. Jedoch unterscheidet sie zwischen linearen und nicht linearen audiovisuellen Medien, was bedeutet, dass die gleichen Inhalte unterschiedlich behandelt werden können, je nachdem welche Übertragungsmethode verwendet wurde.
- Die Universaldienstrichtlinie (UDR) beinhaltet “must carry” Regeln, jedoch adressiert sie nicht nicht lineare Medien (obwohl es Regelungen im verwandten Gebiet der Netzneutralität gibt). Die UDR beinhaltet auch technologische Aspekte und die „Auffindbarkeit“ von Inhalten.
- Die Zugangs Richtlinie (ZR) bietet Regeln über die “Auffindbarkeit” von Inhalten aber sie wird selten von Mitgliedsstaaten angewendet.
Außerdem gibt es eine Vielzahl anderer Regeln, die eine Rolle bei der Formung des Medienregulierungsumfelds spielen, beispielsweise das Wettbewerbsrecht. Was sind die Optionen für die zukünftige Medienregulierung? Das Gutachten plädiert dafür, die Regulierungsstruktur auf den Kopf zu stellen. Medienbezogene Ziele – wie etwa der Schutz von Vielfalt aber auch der Schutz von Minderheiten, Verbraucherschutz und andere Ziele – könnten als Struktur für einen neuen Regulierungsrahmen gelten, der normativer und risikoorientierter ist. Wer auch immer ein Risiko für diese Ziele darstellt, würde in den Schutzbereich der Regulierung fallen, unabhängig von der Art der Dienstleistung. Es gibt keinen Bedarf für die EU Medienpolitik, umfangreich zu sein. Es sollte – zurückkehrend zu den Wurzeln – eher als ein Rahmen gesehen werden. Folglich sollten die Fragen sein:
- Wo brauchen wir Koordination?
- Wo brauchen wir garantierte minimale Standards?
- Wo brauchen Mitgliedsstaaten Spielraum und dementsprechend genug Ermessensspielraum, was auch gewisse Ebenen von „opting out“ vom europäischen Rahmen beinhaltet, um ihre eigenen medienpolitischen Ziele zu verfolgen?
Vorschlag: Ein Rahmen für eine Anreiz-orientierte Regulierung Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse, schlägt die Studie vor, die zukünftige Regulierung auf vier Säulen aufzubauen, um die benötigte Flexibilität sicherzustellen:
- Prinzipien statt strenge Regeln: Die Vorteile von Prinzipien sind Flexibilität, aber auch Skalierbarkeit und Anpassungsfähigkeit. Gleichzeitig bieten klare Prinzipien eine starke Orientierung und stellen eine Sicherung dar für einen konsistenten europäischen Ansatz.
- Technologisch neutraler und funktioneller Ansatz: Technologie-orientierte Regulierung könnte das Risiko bergen, Innovationen in der Technik zu bremsen – solch eine Regulierung könnte leicht darin versagen, die Ziele der Medienregulierung zu erreichen.
- Lernfähigkeit: Regulierung sollte Gegenstand von regelmäßiger Evaluierung und – wenn benötigt – Anpassung sein.
- Regelsetzung durch Regulierungsbehörden: Der Regulierungsrahmen sollte den Regulierungsbehörden ermöglichen, nicht nur über individuelle Themengebiete zu entscheiden, wie etwa Lizenzen oder die Durchsetzung von Regeln, sondern auch die Möglichkeit bieten, Satzungen zu erlassen, um den Regulierungsrahmen zu präzisieren.
Zur Beantwortung dieser Fragen leistet dieses auch unter dem Namen „Hermes“ firmierende Projekt einen Beitrag: Der griechische Gott ist nämlich auch für das Auffinden „zuständig“, einem wichtigen Element einer künftigen Medienordnung.