Die
Forschungsstelle Mediengeschichte widmet sich einem bislang wenig erforschten Bereich der boomenden Sound History – der Rolle von Tönen in historischen Kommunikationsprozessen. Dabei hat-sie ein klangarchäologisches Modell entwickelt, das historische Töne als Konstruktionen versteht, vor allem als vom technisch-apparativen Massenmedium Rundfunk produzierte und vermittelte Töne sowie von zeitgenössischen Publika durch dieses Massenmedium wahrgenommene und angeeignete Töne. Im Zentrum des Forschungsinteresses stehen Fragen nach der Rolle von Tönen für medienvermittelte Vergemeinschaftungen bzw. Identitätsbildungsprozesse. (vgl. auch das Projekt
Vorgestellte Gemeinschaften: Raumbezogene Konstruktionen von städtischer Kollektivität in Zeiten analoger Medien).
Sound des Jahrhunderts
Die Forschungsstelle Mediengeschichte war beteiligt an dem groß angelegten Multimedia-Projekt
"Der Sound des Jahrhunderts. Geräusche, Töne, Stimmen. 1889 bis heute", verantwortet von Gerhard Paul und Ralph Schock. Ein über 600 Seiten starker Band mit einer DVD ist bei der Bundeszentrale für politische Bildung erschienen. Hans-Ulrich Wagner widmet sich in dieser Publikation der Geschichte der Mikrofonberufe, der Radiosignale und Radiomeldungen sowie dem Sound des Hörspiels. Zwei dieser Texte –
"Radiomeldungen. Von Seewetterberichten, Suchmeldungen und Verkehrsnachrichten" sowie die
"Geschichte der Radiosignale" wurden in einer Reihe zu „90 Jahre Rundfunk in Deutschland“ auch als Hörfunkessays ausgestrahlt.
Forschungsverbund: Radio Aesthetics – Radio Identities
Die Forschungsstelle Mediengeschichte war Mitbegründerin des Forschungsverbundes
"Radio Aesthetics - Radio Identities" . Der interdisziplinäre und internationale Forschungsverbund widmete sich zwischen 2010 und 2015 den radioästhetischen Erscheinungsformen, deren kommunikativen Rollen sowie den Aneignungsprozessen des akustischen Mediums, aktuell, historisch und im interkulturellen Vergleich. Speziell arbeitete Hans-Ulrich Wagner zu „Sounds like the Sixties“.
Sounds like the Sixties
Radiosender haben einen „Sound“, sie treten mit einem bestimmten ästhetischen Erscheinungsbild auf, das wiederum von ihrem Publikum entsprechend wahrgenommen wird. Seit jeher bemühen sich die Programm-Macher, ihr Publikum zu erreichen – nicht nur durch ihren Inhalt, sondern auch durch ihre sonische Performanz. „Analyzing Radio Sound? Sure! But how?“ fragte Carin Åberg 1999 in ihrer Arbeit „The Sounds of Radio. On Radio as an Auditive Means of Communication“: Die von ihr mitentfachte Diskussion um methodische Fragen wurde aufgegriffen. Es wurde speziell der Untersuchungszeitraum der 1960er Jahre gewählt; zum einen, weil diese Dekade in vielerlei Hinsicht als Periode des Wandels gilt; zum anderen, weil das Programm-Medium Radio in diesem Zeitraum einen grundsätzlichen Wandel vollzog und seine Stellung als ‚Leitmedium‘ verlor. Erkenntnisleitende Fragen waren unter anderem: Welche Sound-Ästhetiken wurden geschaffen, um für die jeweils anvisierten Hörerschaften attraktiv zu erscheinen? Welche Normen des sprachlichen und stimmlichen Ausdrucks bildeten die Basis für die Produktion und Nutzung von Unterhaltungs- und Kultursendungen, von Nachrichten- und Jugendprogrammen? Kurz: Wie veränderten sich die mediatisierten Stimmen der Radiomacher in der Bundesrepublik Deutschland im Kontakt mit ihrer Hörerschaft in den „Sixties“?