Weiterentwicklung eines netzwerkgerechten Jugendmedienschutzes
Neue Medienangebote und der veränderte Medienalltag Minderjähriger zwingen den Jugendmedienschutz zu einer Modernisierung. Die ist angesichts widerstreitender Rechte und Interessen und der begrenzten Wirksamkeit von Gesetzen in diesem Bereich gar nicht so einfach.
Das derzeitige deutsche Jugendmedienschutzsystem stammt aus dem Jahr 2003 – lange bevor es Angebote wie Youtube, Facebook, WhatsApp oder Snapchat gab. Mit Tablets in Kinder- und Smartphones in Teeniehänden etablieren sich Formen der Mediennutzung, die der derzeitige Ordnungsrahmen nur noch mit Mühe umfasst. Gleichzeitig wird deutlich, dass tradierte Regulierungsinstrumente und nationalstaatliche Ansätze in hochdynamischen, digitalen Medienumgebungen an ihre Grenzen stoßen. Das Institut erforscht hier Angebots- und Nutzungstrends, setzt diese in Beziehung zu Steuerungsfragen und -optionen eines zeitgemäßen Jugendmedienschutzes und stellt die Erkenntnisse der Politik und der Gesellschaft zur Verfügung.
Mit dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) des Bundes und dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) der Länder ist 2003 ein neuer Regelungsrahmen für den Jugendschutz in Kraft getreten. Vor allem mit dem JMStV wurden neue Regulierungsformen in den Rechtsrahmen integriert, die in der Anwendung noch nicht langfristig erprobt sind und sich am Konzept der „regulierten Selbstregulierung“ orientieren. Das Institut hat den Gesetzgebungsprozess seinerzeit durch Stellungnahmen begleitet. 2007 hat das Institut im Auftrag von BMFSFJ und Ländern den deutschen Jugendmedienschutz umfassend evaluiert und im Anschluss die Implementierung der Evaluationsergebnisse wissenschaftlich begleitet. In den für 2010 vorgesehenen Prozess der Novellierung von JuSchG und JMStV hat sich das Hans-Bredow-Institut erneut mit Expertise und Stellungnahmen eingebracht. Nach dem Scheitern der JMStV-Novelle hat das Institut auch weiterhin die gesellschaftlichen und politischen Diskurse mit Kurzgutachten und Stellungnahmen, Aufsätzen, Vorträgen und Veranstaltungen unterstützt. Eine besondere Perspektive sind dabei komparative Analysen zur Identifizierung von Best Practice im Jugendmedienschutz, wie das Institut sie 2015 für die Schweizer Bundesregierung angefertigt hat. Einen Schwerpunkt der wissenschaftlichen Auseinandersetzung des Instituts bilden neben der regulierungswissenschaftlichen Perspektive auf einen netz- und netzwerkgerechten Jugendmedienschutz zukünftige Formen sowie Grenzen technischen Jugendschutzes. Dabei werden auch potenzielle internationale Ansätze der elektronischen Kennzeichnung (Labeling) von Online-Inhalten konzeptioniert und analysiert. Das Institut bemüht sich insgesamt weiter um eine Versachlichung der Diskussion, u. a. durch eine 2011 erfolgte Veranstaltung in Kooperation mit der MA HSH und der Handelskammer Hamburg, die die Erfahrungen aus den 2011 geführten Diskussionen nutzte und die Anforderungen an einen angemessenen Jugendmedienschutz klarer definieren konnte. Zudem fungierte Uwe Hasebrink als Leiter der Initiative „Eltern stärken - Sicher surfen“ des vom BMFSFJ getragenen Dialog Internet. Auch im Rahmen der öffentlichen Konsultationen und Anhörungen zu der anstehenden JMStV-Novelle im Herbst 2016 hat das Institut aktiv seine Expertise eingebracht. Angesichts der weiterhin ausstehenden Anpassung des deutschen und europäischen Jugendschutz-Rechtsrahmens an die Medien- und Nutzungskonvergenz zeigt das Institut mit vielfältigen Publikationen, Stellungnahmen und Vorträgen mögliche Entwicklungspfade auf, etwa im Rahmen der Diskussionen der Bund-Länder-Kommission.
Infos zum Projekt
Überblick
Laufzeit: 2011-2015
Forschungsprogramm: FP3 - Wissen für die Mediengesellschaft