Im Forschungsfeld Information Governance wird untersucht, wie Regelungen des guten Miteinander in der digitalen Gesellschaft entstehen und an der Schnittstelle zwischen gesellschaftlichen und technischen Fragen gestaltet werden können. Es geht um Regelungsstrukturen in einem weit verstanden Sinne, also um Offenheit für unterschiedliche Regel-Produzenten und Offenheit für unterschiedliche Technologien zu deren Umsetzung. Schwerpunkt hierbei sind die Folgen für den einzelnen Menschen und seine Autonomie: Information Governance Technologies widmen sich der Erforschung der technischen Möglichkeiten der Gestaltung der digitalen Gesellschaft und streben langfristig ein besseres Verständnis und die substanzielle Weiterentwicklung dieser technischen Möglichkeiten an.
Transaktionen in der Wirtschaft, Dienstleistungen der Verwaltung, selbst politische und zivilgesellschaftliche Prozesse bauen immer stärker auf vernetzten Informationssystemen auf. Damit wächst einerseits die Erkenntnis, dass die Informatik die gesellschaftliche Wirkung von Informationstechnologien frühzeitig und gestaltungswirksam verstehen muss. Anderseits gilt auch, dass Recht und Ethik sich auf Informationstechnologien beziehen müssen, um in der digitalen Gesellschaft wirksam zu sein. Derzeit werden Technologieentwicklungen eher mit einem Verlust an persönlicher Autonomie und mit einer Schwächung demokratischer Selbstbestimmung, beispielsweise gegenüber mächtigen IT-Konzernen, in Verbindung gebracht. Information Governance Technologies fokussieren hingegen auf das Potential der Technologien für den Einzelnen und die Gesellschaft. In einer Kooperation zwischen dem Fachbereich Informatik an der Universität Hamburg, der TU Hamburg-Harburg und dem Hans-Bredow-Institut werden Forschungsstränge an der Schnittstelle zwischen Ethik, Recht und Informatik konzeptionell und begrifflich zusammengeführt.
Der Forschungsansatz widmet sich vier Perspektiven: Ethics, Architecture, Policies und Engineering. Abbildung 1 zeigt diese Perspektiven und beispielhafte Wechselwirkungen, die in den wissenschaftlichen und strukturellen Zielen aufgegriffen werden. Dabei bilden die Perspektiven Engineering und Architecture die informationstechnische und die Perspektiven Policies und Ethics die gesellschaftliche Sicht ab. Ethics und Architecture arbeiten auf der Ebene von Prinzipien, die in konkreten Entscheidungen zu Regelungen (Policies) sowie der Gestaltung von Informationssystemen (Engineering) konkretisiert und umgesetzt werden müssen.
Die übergeordneten wissenschaftliche Ziele bei der Bearbeitung des Forschungsfeldes sind
- ein vertieftes Verständnis der Wechselwirkungen zwischen den vier Perspektiven Ethics, Architecture, Policies und Engineering zu erlangen,
- die Entwicklung von neuartigen Methoden, Mustern und Mechanismen für Information Governance voranzutreiben,
- anhand exemplarischer Fragestellungen und Anwendungskontexte die Phänomene des Zusammenspiels der vier Perspektiven zu konkretisieren sowie
- die zunächst dafür erforderliche Erarbeitung eines gemeinsamen Begriffsrahmens für die Beantwortung von Grundfragen der Gestaltung von Informationssystemen in Bezug auf Information Governance Technologies.