„Bürgerkrieg der Erinnerungen“. Politische Gedenktage in der Freien und Hansestadt Hamburg während der Weimarer Republik
Gedanktage als Form der politischen Kommunikation
Gedenktage und mediale Erinnerungsdiskurse als Faktor politischer Kultur und der politischen Kommunikation erleben in kulturwissenschaftlichen Kontexten vielfältige Beachtung. Dabei ist eine Fokussierung auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg festzustellen, während die Beschäftigung mit Gedenkanlässen im Deutschland der Weimarer Republik noch eine Forschungslücke darstellt. Die bereits vorhandenen Arbeiten gehen von dem bisher weitgehend unwidersprochen Paradigma aus, wonach die Gesellschaft und politische Kultur der Weimarer Republik an einer starken Aufsplitterung in unterschiedlichste Teilkulturen litt. Unterschiedliche Milieus – vom nationalistischen bis zum kommunistischen – hätten miteinander unvereinbare Erinnerungskulturen ausgeprägt, die keine gemeinsame Linie oder gar einen allgemein akzeptierten, konsensfähigen „Nationalfeiertag“ gefunden hätten.
Das Dissertationsprojekt will anhand verschiedener Gedenktage Modi und Möglichkeiten politischer Kommunikation sowie verschiedene Akteure und ihr kommunikatives (Inter-)Agieren untersuchen mit dem Ziel, sowohl die Fragmentierungsthese genauer zu überprüfen als auch konsensuale Dynamiken zu veranschaulichen. Im Mittelpunkt dieser Erläuterung steht die bereits von Zeitgenossen vehement auf dem Gebiet des Verfassungsrechts geführte Debatte um das richtige Verhältnis von „Einheit“ und „Vielfalt“ im Rahmen einer gesellschaftlichen Ordnung: Wie viel „Verschiedenheit“ ist innerhalb eines pluralistischen Rahmens möglich, wo entsteht das systemgefährdende „Zuviel“ dieses Strukturprinzips? Das Projekt knüpft an die Untersuchung von Phänomenen der Darstellung, Vermittlung und Wahrnehmung von Politik in modernen Gesellschaften an und untersucht die Mechanismen des kommunikativen Prozesses des öffentlichen Gedenkens vor dem Hintergrund seiner spezifischen Ausprägung in der ersten deutschen Demokratie.